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Hobrechtsfelde

Was erinnert an den Mann, der sich so um die Stadt Berlin verdient gemacht hat? Ein Ehrengrab findet sich nicht, obwohl James Hobrecht in Berlin auf dem Sophienfriedhof an der Bergstraße in Berlin Mitte bestattet wurde. Das Grab wurde zu DDR-Zeiten eingeebnet. Zwei Straßen tragen Hobrechts Namen - eine in Neukölln und eine in Friedrichshain. Und es gibt eine Hobrechtbrücke über den Landwehrkanal in Kreuzberg.

Die Hobrechtsfelder Chaussee im Norden Berlins führt über schönes Pflaster hinaus aus der Stadt in das Dorf Hobrechtsfelde. Dieses kleine Dorf hat keine Kirche, aber einen mächtigen, weithin sichtbaren Kornspeicher! Das Dorf liegt heute inmitten eines Waldes, ein noch "kleiner", junger Wald. Der Speicher zeugt von der landwirtschaftlichen Vergangenheit des Ortes - und die war in der Tat etwas ganz besonderes und dürfte dem Namensgeber hinsichtlich der damaligen Organisation, sozialen Infrastruktur und modernen Technik gefallen haben.

Von 1889 bis 1906 kaufte die Stadt Berlin für die weitere Anlage von Rieselfeldern Ländereien im Norden Berlins. Dazu gehörten Teilflächen des Rittergutes Buch, Bauernland von Bernau, Schönerlinde, Schönow und Zepernick. Der Gutshof mit dem Dorf Hobrechtsfelde entstand bis 1908 völlig neu, geplant und projektiert durch das stadtgütereigene, 1881 eingerichtete Hochbaubüro. Verschiedene Haustypen stehen im Ort, gute und zweckmäßige Arbeiterwohnungen mit gesonderten Stallungen, Wasch- und Futterküche, alles umgeben von Hausgärten – komfortables Wohnen für langfristig beschäftigte Landarbeiter. Eine Schule, heute Wohnhaus, steht kurz vor dem nördlichen Dorfausgang, etwas zurückgesetzt.

Ein Schnitterhaus für Saisonkräfte befindet sich am heute ausgetrockneten Dorfteich, war zuletzt Lehrlings- und Arbeiterwohnheim. Heute ist es, wie so viele Gebäude im Ostteil des Ortes eine Ruine. Dahinter stehen zwei massive "Häuslingsbaracken", die einst ummauert waren und vergitterte Fenster besaßen: "Die Absicht, welche der Beschäftigung von Häuslingen auf den Rieselgütern zugrunde gelegt worden war, darf insofern als teilweise erreicht angesehen werden, als die Mehrzahl der sonst arbeitsscheuen Individuen bei der Arbeit in der freien Natur, bei der Regelmäßigkeit gesunder Lebensart, bei der Ausnutzung dessen, was die verschiedenen Handwerker, Professionisten, Landarbeiter und dergleichen früher gelernt und geübt haben, wieder mehr und mehr Lust zu geregelter Tätigkeit, sogar wieder Freude zur Arbeit gewonnen haben. Die Verwaltung der …) verkennt nicht, daß die Aushilfe an Arbeitskräften durch die Häuslinge jetzt nicht mehr gut entbehrt werden könnte". Heute werden diese Gebäude als Wohnhäuser genutzt.

1910 wurde das Gemeinschaftshaus am Nordwestrand des Dorfes für unverheiratete Freiarbeiter mit 40 Betten in Einzelzimmern (12,- RM Miete/Monat, 1,20 RM Essen/Tag), Essenräumen mit Küche im Erdgeschoß sowie Waschräumen erbaut. Zur Freizeitgestaltung diente eine Kegelbahn und ein wunderschöner Festsaal mit Bühne und Empore, in dem noch bis in die 1980-er Jahre große Betriebs- und Erntefeste gefeiert wurden, inzwischen steht auch dieses ehemalige Kommunikationszentrum leer und verfällt.

Galten die in den Anfangsjahren bezuschussten Rieselgüter bis dahin als Schlussglied der Stadtentwässerung zum Zwecke der Abwässerklärung, wurden von 1905 an die Gutsbetriebe vor die Aufgabe gestellt, sich selbst zu erhalten und Erträge zu erwirtschaften. Dies erforderte die Einführung modernerer Technik – was in Hobrechtsfelde geschah. Auf dem Gutshof entstanden neben den Stallanlagen für Milchvieh in schöner Holländerbauweise weitere technische Einrichtungen und Wirtschaftsgebäude. 1906 begann der Bau des großzügigen Feldbahnnetzes (siehe Artikel von Dieter G. Buch) – "Während des Krieges brachte die Heranführung der Feldbahnen an die Straßenbahnen in Lichterfelde und Rosental den Gutsverwaltungen infolge Mangels an Zugvieh Erleichterungen für den Abtransport der Feldfrüchte in die Markthallen".

1908 erfolgte die Inbetriebnahmen des Kornspeichers mit 9000 t Fassungsvermögen als sechs Stockwerke hoher Rieselspeicher. Das Korn wurde unterflur per Förderband vom Dreschplatz kommend bzw. von den Feldbahnwagen abgekippt, dem Förderwerk übergeben, verwogen, nachgereinigt und durch Fallrohrleitungen einem Speicherabteil zugeführt. Ein Becherwerk transportierte es auf den oberen Lagerboden. Durch Öffnungen im Boden rieselte es in die darunter liegenden Stockwerke, dabei durch Klappen einströmende Luft trocknend, bis zum Boden, um dann erneut nach oben transportiert zu werden. Sämtliche Bewegungen des Getreides wurden durch eingebaute Förderanlagen bewirkt. Im Anbau war eine Mahlanlage für Futtermittel untergebracht sowie eine Schmiede. Mit dem Einbau eines Wassertanks ganz oben im Speicher diente dieser später auch als "Wasserturm".

1908 wurde die 1974 abgebrannte Futterscheune mit dazugehöriger Dreschscheune errichtet. Die moderne, ortsfeste Dreschanlage erforderte einen geringen Handbetrieb. Nur das Aufgeben des Getreides vom Feldbahnwagen auf den Zubringer der Dreschmaschine erfolgte von Hand. Per Förderband gelangte das gedroschene Korn zum Speicher. Das Stroh wanderte durch eine Strohpresse über einen Höhen- und Längstransporteur in das hierfür bestimmte Scheunenfach der heute zum Teil noch erhalten ist. Spreu und Kurzstroh wurden durch Gebläse in die etwa 130 m entfernte Futterscheune geblasen.

Das Schlachthaus (Fleischwerk Hobrechtsfelde) mit Gefrieranlage und Wurstfabrikation mit angegliederter Schweinemastanlage sowie eine Molkerei gingen 1908 in Betrieb. Dieser Gebäudekomplex ist heute nicht mehr vorhanden. Das ebenfalls nicht mehr vorhandene Sägewerk wurde 1909 gegründet.

Ein Holzbearbeitungsbetrieb mit Fließbetrieb zur Belieferung der Güter, der städtischen Einrichtungen und für private Käufer folgte 1922. Nach den erfolgreichen Versuchen mit der Haltbarmachung von Futter wurden ca. 1925 Holzsilos in die Dreschscheune zur Gewinnung von Silagefutter eingebaut, deren kreisrunde Fundamente noch heute zu erkennen sind.

Auch für die Stadtgüter stellte der 2. Weltkrieg eine tiefgreifende Veränderung dar. Nach 1945 musste Hobrechtsfelde neu organisiert werden. Der Betrieb wurde um einen Schafstall, Bullenmastställe, Rinderoffen- sowie Kälberställe, Werkstätten, Durchfahrsilos vergrößert. Sägewerk, Schlachthof und Molkerei gab es nicht mehr, Schlachtungen sowie die Milchverarbeitung erfolgten zentral in Berlin. Das Dorf hat zwei zweigeschossige Neubauten bekommen mit einem Dorfkonsum. Im Gemeinschaftshaus gab es nun eine Dorfkneipe sowie einen Kindergarten.

Aus dem Schnitterhaus wurde ein Lehrlingswohnheim, in welchem die Stadtgüter bzw. die Volkseigenen Güter (VEG) bis in die 1980er Jahre Schäfer, Tierzüchter, Melker und Zootechniker für ihre Betriebsteile auf hohem Niveau ausbildeten. Die Feldbahn hatte ihre Bedeutung fast vollständig verloren, die Pferde wurden vom "Mistjokei" nur noch zum Ausmisten vor die Loren gespannt.

Bereits 1987 existierten Pläne des Berliner Magistrats zur "Dorfgestaltung Hobrechtsfelde". Geplant war die Umgestaltung bzw. Umnutzung vorhandener Bauwerke. Neben Anlagen für den Pferdesport (Pferdeställe, Reithallen, Turnierplatz und Dressurvierecke, Sattelkammer und Hufschmiede) sollte ein großes Forstgelände mit Forstbaumschule geschaffen werden. Im Speicher mit seinen Anbauten sollte ein Museum untergebracht werden, das Schnitterhaus zum Bettenhaus, die Häuslingsbaracke in eine Jugendherberge umgewandelt werden. Im Gemeinschaftshaus war eine Ausflugsgaststätte mit Biergarten geplant. Koppeln und Sporteinrichtungen rundeten das Dorfensemble ab. Bemerkenswert an dem Plan ist, dass der Bau von Bungalows und Kleingärten ausdrücklich ausgeschlossen war. Man wollte den Charakter des heute denkmalgeschützten Dorfes erhalten! Auch ein Natur- und Umweltschutzzentrum war vorgesehen. Leider kam es nie zur Umsetzung der ehrgeizigen Ziele.

Mit der Einstellung der Rieselfelder 1985, dem Rückzug der landwirtschaftlichen Nutzung, der Einebnung und Aufforstung der Rieseltafeln wurden in den 1990er Jahren die mehr und mehr verfallenden Stall- und Wirtschaftsgebäude auf dem Gutshof - bis auf einen Stall, die Dreschscheune und den Speicher - abgerissen. Die Wohnhäuser wurden von der Berliner Wohnungsbaugesellschaft Weißensee übernommen, das Dorf wird vom Landkreis Barnim, Gemeinde Zepernick, verwaltet. Zuständig für den Denkmalschutz ist die Brandenburger Denkmalbehörde; das Land mit den Forstflächen und der Gutshof gehören der Stadt Berlin.

In der Gutshofsmauer war eine gusseiserne Gedenktafel mit dem Profil James Hobrechts eingelassen. Sicher wurde sie im Jahr 1908 festlich von der Gutsverwaltung und vielen Gästen enthüllt, verbunden mit herzlichen Worten in Gedenken an den 1902 Verstorbenen. Diese Tafel wurde Anfang der 1990er Jahre gestohlen und bis heute nicht ersetzt.

Autorin: Katrin Koch (Die Verfasserin hat bei den Berliner Stadtgütern gearbeitet und in Hobrechtsfelde ihre Lehre als Zootechniker absolviert)

Zitate aus: Ruths, Dr. H., Fünfzig Jahre Berliner Stadtgüter, Berlin, 1928

Quelle: Pläne des Berliner Magistrats „Dorfgestaltung Hobrechtsfelde“ Archiv Berliner Stadtgüter

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